Der Quantenbeat des Lebens by Jim Al-Khalili & Johnjoe McFadden

Der Quantenbeat des Lebens by Jim Al-Khalili & Johnjoe McFadden

Autor:Jim Al-Khalili & Johnjoe McFadden [Al-Khalili, Jim; McFadden, Johnjoe]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783550081101
veröffentlicht: 2015-12-09T16:00:00+00:00


Quantenspin und gespenstische Vorgänge

In den meisten populärwissenschaftlichen Büchern über Quantenmechanik benutzt man den Begriff des »Quantenspins« dazu, die seltsamen Eigenschaften der subatomaren Welt zu verdeutlichen. Wir haben bis hierher darauf verzichtet, denn dieser Begriff ist wahrscheinlich weiter als jedes andere Phänomen von allem entfernt, was wir mit unserer Alltagssprache ausdrücken können. Jetzt aber können wir die Aufgabe nicht länger vor uns herschieben. Also los!

Genau wie die Erde, die sich auf ihrem Weg um die Sonne auch um die eigene Achse dreht, haben Elektronen und andere subatomare Teilchen eine Eigenschaft, die man als Spin bezeichnet und die sich von ihrer normalen Bewegung unterscheidet. Aber wie wir in Kapitel 1 bereits angedeutet haben, ist dieser »Quantenspin« mit nichts zu vergleichen, was wir uns auf der Grundlage unserer Alltagserfahrungen mit rotierenden Gegenständen wie Tennisbällen oder Planeten vor Augen führen können. Zunächst einmal hat es eigentlich keinen Sinn, von der Geschwindigkeit des Elektronenspins zu sprechen, denn dieser kann nur zwei Werte haben: Er ist in Quanten aufgeteilt wie die Energie, die auf der Quantenebene in festen Portionen vorkommt. Elektronen können, locker gesagt, nur einen Spin in Uhrzeiger- oder in Gegenuhrzeigerrichtung haben; dies bezeichnet man in der Regel als die Spinzustände »up« und »down«. Und da wir uns in der Quantenwelt befinden, kann sich ein Elektron in beiden Spinzuständen gleichzeitig befinden, solange es nicht beobachtet wird. Einen solchen Spinzustand bezeichnet man dann als Superposition (das heißt Kombination oder Mischung) aus Spin-up und Spin-down. In einem gewissen Sinn hört sich das fast noch seltsamer an, als wenn man sagt, ein Elektron könne sich an zwei Orten zur gleichen Zeit befinden – wie kann sich ein einzelnes Elektron gleichzeitig im Uhrzeigersinn und im Gegenuhrzeigersinn drehen?

Nur um noch einmal deutlich zu machen, wie stark der Begriff des Quantenspins der Intuition widerspricht: Mit einer Rotation, die wir als Drehung um 360 Grad betrachten würden, kehrt ein Elektron nicht wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück; zu diesem Zweck muss es zwei volle Umdrehungen durchlaufen. Auch das hört sich seltsam an, weil wir uns ein Elektron meist immer noch wie eine winzige Kugel vorstellen, die einem sehr kleinen Tennisball ähnelt. Aber Tennisbälle gehören zur makroskopischen Welt, Elektronen dagegen existieren in der subatomaren Quantenwelt, in der andere Regeln gelten. In Wirklichkeit sind Elektronen eben keine winzigen Kugeln, ja man kann noch nicht einmal davon sprechen, dass sie überhaupt eine Größe haben. Der Quantenspin ist also ebenso »real« wie die Rotation eines Tennisballs, es gibt zu ihm aber in der vertrauten Alltagswelt keine Entsprechung, und man kann ihn auch nicht bildlich darstellen.

Dennoch sollte man nicht glauben, dass wir es hier nur mit einem abstrakten mathematischen Konzept zu tun haben, das ausschließlich in Lehrbüchern und undurchschaubaren Physikvorlesungen vorkommt. Jedes Elektron in unserem Körper und überall sonst im Universum hat einen solchen seltsamen Spin. Wäre das nicht der Fall, könnte die Welt, wie wir sie kennen, schlicht und einfach nicht existieren, denn der Quantenspin spielt eine Schlüsselrolle für eine der wichtigsten Gesetzmäßigkeiten in der Wissenschaft: das Pauli-Ausschlussprinzip oder kurz Pauli-Prinzip, das die Grundlage der gesamten Chemie bildet.



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